Hansluzi Kessler
Nichts Neues unter der Sonne - Alte Ansichtskarten erzählen.
Abb. 1: Adressseite einer Ansichtskarte an Frl. Maria Flütsch in St. Antönien, 1906, zweizeiliger Stabstempel von Ascharina,
runde Abgangs- und Ankunftsstempel von Dalvazza und St. Antönien-Castels
Abb. 2: Bildseite der Ansichtskarte an Frl. Maria Flütsch, «Freundlichen Gruss von einem Bekannten»
Wird heute ein Brief postalisch von Schiers nach Schuders befördert, so muss er den Umweg über Untervaz machen … hin und zurück und erst dann hinauf an den Berg. Die einzige Abstempelung erfolgt maschinell im grossen Verteilzentrum. Den Schierser Ortswerbestempel mit dem Abbild der weltberühmten Salginatobelbrücke sucht man auf dem frankierten Umschlag vergebens, es sei denn, eine solche Abstempelung von Hand sei am Schierser Postschalter ausdrücklich verlangt worden. Und einen Stempelabdruck von Schuders sucht man erst recht vergebens, denn das Anbringen eines Ankunftsstempels fand seit etwa 1910 nur noch in Ausnahmefällen statt (z.B. bei Express-Briefen). Und überhaupt, die Poststelle in Schuders gibt es seit Jahren nicht mehr, und auch diejenigen von Pusserein, Fajauna, Stels und Mittellunden sind verschwunden, und mit ihnen die entsprechenden Stempel. Vorderhand besitzen Schiers und Klosters noch die beiden letzten Postämter des Prättigaus. Waren das Zeiten, als in Überlandquart, im Bad Fideris, in der Gadenstätt, in Mezzaselva, in der Aeua und in Monbiel Brief- und Kartenpost angenommen und die Frankaturen entwertet wurden! Mit den Ortswerbestempeln und ihren Darstellungen von markanten Bauwerken oder schmucken Ortsbildern ist leider schweizweit durch den Abbau des |
Abb. 3: Adressseite einer Ansichtskarte an Frl. Hanna Fehr in San Bernardino, 1901, zweizeiliger Stabstempel von Rüti-St. Antönien,
privater Werbestempel der Pension Alpenrose in Gafien
Abb.4: Bildseite der Ansichtskarte an Frl. Hanna Fehr, Verlag Chr. Meisser, Chur, Pension Alpenrose und Schlangenstein
Fast gleichzeitig mit der vorgestellten Ansichtskarte konnte ich bei Ricardo eine weitere ersteigern, die auch von St. Antönien aus ihre Reise angetreten hat und den zweizeiligen Stabstempel RÜTI-ST.ANTÖNIEN / (GRAUBÜNDEN) aufweist. Als Abgangsstempel mit Datum ist der Rundstempel ST.ANTÖNIEN-CASTELS 18.VII01 dazu gekommen, und einen Tag darauf der leider schlecht geschlagene und unglücklich platzierte Ankunftsstempel SAN BERNARDINO 19.VII01. Wie bei der ersten Karte sind auch hier die Abgangsstempel (Stab- und Rundstempel) je zweimal zu finden, einmal als Vollstempel auf der Briefmarke, damit diese mit Sicherheit kein zweites Mal mehr verwendet werden konnte, und einmal als gut lesbarer Leerstempel daneben. Der Ankunftsstempel musste nichts mehr entwerten und diente lediglich als Beleg für den erfolgten Transport, erlaubt es uns aber heute, über die Schnelligkeit des damaligen Postwesens zu staunen. So besitze ich eine Ansichtskarte, die am 6.8.1905 in St. Antönien aufgegeben wurde und am nächsten Morgen in Königsberg ankam, also mitten in Deutschland! Die Bildseite der Gafier-Karte zeigt den mächtigen Schlangenstein, die Pension Alpenrose und eine stolze Ziege in einem Rondell. Solche arrangierten Lichtdruckkarten waren damals sehr beliebt. Dass das vorliegende Exemplar aus der Produktion von Fotograf Christian Meisser stammt, die mein Nani als Wirtin der Pension Alpenrose in Auftrag gegeben hatte, ist eine andere Geschichte. Nichts mit St. Antönien zu tun hat hingegen das Sujet der ersten Karte (vergl. Abb. 2). Das Paar vor einer städtischen Litfasssäule ist ein Kontrast zur Bergidylle des Alpendorfs, und man kann sich fragen, wo der «Bekannte» von Maria Flütsch diese Motivkarte gekauft haben mag. Wohl kaum «hinter dem Mond links» - oder etwa doch? Bei den St. Antöniern weiss man ja nie, immerhin hatten sie schon eine elektrische Strassenbeleuchtung, bevor in Schiers die erste Glühbirne brannte! |