37. Talschaftsstempel Prättigau

 

Der Prättigauer Bote bediente zuerst nur die Orte bis Küblis, später bis Klosters und dann bis Davos Dörfli.
Die Stempel wurden im Büro in Chur verwendet.

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0000000000000000000000000000aus dem Buch "Graubünden - Die Anwendung der Postverträge, Tarife und Verordnungen" von Emil Rüegg

 

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Der Absender dieses Briefes war der Pfarrer Luzius Pol (1754 - 1828). Er amtete in Luzein von 1804 - 1814.
Der innovative Pfarrer war nebenbei auch Botaniker, Entomologe, Landwirt, Geograf, Alpinist und Pädagoge.
Dazu betrieb er eine private Druckerei. Von dieser stammt auch der obige Stempel, der auch als kleinster
Schweizer Stempel gilt. Er war nur von 1805 - 1806 im Gebrauch. (Scan aus dem Buch von Emil Rüegg).

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Dalvazza, 1. Januar 1826 (Stempel 21.03)
3 Bluzger (Bleistift) für den Prättigauer Boten
+ 1 Bürobluzger = 4 Bluzger
Die Abgabe für den Engadiner Boten (6 Bluzger) ist knapp zu sehen.
Der Empfänger bezahlte 10 Bluzger.

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Brief von Fideris von der Fideriser Bötin, Frau Hartmann aus Schiers, am 10. August 1835 nach Chur gebracht
und von dort nach Kappel im Obertoggenburg weitergeleitet.
Die Rötelvermerke beziehen sich auf die Portogebühren und wurden in Chur angebracht.
Weil der Brief aus dem Kanton Graubünden in dem Kanton St. Gallen geschickt wird, muss die Bluzgerwährung in Kreuzer
umgerechnet werden. Der Empfänger hat also 8 Kreuzer zu bezahlen.
Stempel 21.04 (in Chur)


Weil zur damaligen Zeit Adresse und Briefinhalt oft auf das gleiche Blatt Papier geschrieben wurden, reizt es den Sammler natürlich,
auch zu erfahren, was der eigentliche Briefinhalt ist. Dazu sind etwas Kenntnisse der alten deutschen Schrift notwendig.

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Dem Hochgeachten Herrn Schälebaum
Gemeindsamann
in Kappel
Bezirk Obertoggenburg

 

000000000000000000000000000000000Hochgeehrtester Herr Gmeindsamen


Unter dem 6 Agsten wurde Ihnen namens hiesigen Gmeindsvorstand geschrieben und Sie ersucht, denen Verwanten des Jochem Schneiders anzuzeigen, dass dieser hier gefährlich krank darnieder liege und dass sein Wunsch dahin gehe, dass jemand derselben ihn besuchen möchte und ungewiss ob dieses Schreiben Ihnen zugekommen und ob in Folge dessen ein Verwanter des Schneiders sich unterwegs befindet, will ich doch nicht säumen, Ihnen zu Handen der Verwanten die Anzeige machen, dass besagter Jochem Schneider heute Vormittag gestorben und dass dessen Hülle übermorgen den 12. Augst gegen Mittag nach christlichen Gebräuchen zu seiner Ruhestädte auf hiesigem Gottesacker begraben werden wird. Sollte bis zur Beerdigung niemand von den Verwanten eintreffen, so ergeht damit das weitere Ansuchen an Sie, dafür zu sorgen, dass jemand behörderlich daher komme, um die wenigen Interessangelegenheiten zu bereinigen. An dieser hehren Erwartung, dass Sie gefällig diesem meinem Gesuch entsprechen werden, zeichne ich mich mit aller Achtung

Fideris 10 Augst 1835        000000000000000000000000000W. Rofler, erster Gmeindsvorsteher

 

Die damalige Gepflogenheit, möchglichst alle Informationen in einen "Bandwurmsatz" hineinzuwürgen, führt natürlich nicht zu einem
besseren Verständnis des Textes. So auch hier. Der erste Satz endet bei Zeile sieben und beinhaltet alle wichtigen Informationen.

 

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Dieser Brief ist wegen des Adressaten interessant. Wie kommt ein französisches Geschlecht nach Vallendas?
Im 16. Jahrhundert wurden in Frankreich die Reformierten systematisch verfolgt (Bartholomäusnacht von 1572 in Paris).
Viele von ihnen waren gezwungen, auszuwandern. Unter diesen Flüchtlingen waren viele adeligen Standes.
Vallendas war eine Gemeinde, die sehr früh zum reformierten Glauben übertrat. Darum waren dort solche Flüchtlinge
aus Frankreich willkommen. Sie wurden Hugenotten genannt. Weil sie arbeitsam und gebildet waren, übernahmen
sie in der neuen Heimat schon bald Führungsfunktionen. So war auch Bundesstatthalter Johannes von Marchion (1781-1864) in verschiedenen
Ämtern, sowohl auf kantonaler wie auch auf eidgenössischer Ebene, tätig. Für seine Kinder war nur die beste Schulung
gut genug. Zum Beispiel besuchte seine Tochter Claudia in den Jahren 1835 und 1836 ein Internat in Königsfeld im
Schwarzwald (Zinzendorfschule). Von dort schrieb die 18jährige ihren Eltern auf Vorschlag der Lehrerinnen auch einmal einen
Brief auf französisch. Sie vermerkt es auf dem Briefumschlag voll Stolz: "Inhalt französisch". Bemerkenswert ist, dass Claudia
sowohl der alten deutschen wie auch der lateinischen Schrift mächtig war. Das sieht man schon in der Adresse.
Der Brief wurde wahrscheinlich auf privater Basis von Königsfeld nach Oberzollbruck transportiert und dort dem Prättigauer
Boten übergeben, der ihn in Chur ablieferte. Dafür erhielt er drei Blutzger. Mit dem Bürobluzger ergab das die notierten 4 Bluzger.

aeuja

Meine lieben Eltern

Weil meine lieben Lehrerinnen mir seit langem gesagt haben, ich solle euch einmal einen französischen Brief schreiben, weil das
euch zweifellos Freude bereiten würde, will ich jetzt von der guten Gelegenheit, die sich bietet, profitieren und diese Wünsche erfüllen.
Ich weiss, dass es für mich gut ist, das Französische zu üben......
(Man staunt nicht nur über das wunderschöne Schriftbild des Mädchens, sondern auch über die gepflegte Ausdrucksweise in seiner Zweitsprache.)
Claudia von Marchion (1817-1896) heiratete 1855 den Churer Arzt Dr. Jacob Martin Raschèr.

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Igis 1840 (Stempel 21.05)

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Saas 1845 (Stempel 21.05)

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