5. Reichenau
Die Örtlichkeit ist nach dem Kloster Reichenau benannt, das hier seit der Karolingerzeit Güter besass. Politisch gehört Reichenau zur Gemeinde Tamins.
Im 14. Jahrhundert, als der Fernverkehr über die Bündner Alpenpässe deutlich zunahm, wurden zwei Brücken und ein Zollhaus erbaut. Bis dahin teilte sich der von Chur kommende Verkehrsweg in Domat/Ems: ein Zweig führte nach Süden, durch die Felsenge des Crap taglieu am Hinterrhein entlang ins Domleschg und weiter zum Splügen- und Bernhardinpass, der andere über die Rheinbrücke Punt arsa ins Dorf Tamins und weiter nach Westen, zu den Pässen Lukmanier und Oberalp. Der Verkehrsaufschwung liess es nun lohnend erscheinen, Brücken nicht wie bisher an der bautechnisch, sondern an der strategisch günstigsten Stelle zu errichten – eben in Reichenau, wo der gesamte Verkehr kontrolliert werden konnte. Eine der neuen Brücken führte unmittelbar am Zusammenfluss über den Vorderrhein, die andere etwa 300 Meter unterhalb über den vereinigten Rhein. Dazwischen war die Zollstelle.
Ende des 19. Jahrhunderts wurden die beiden Strassenbrücken als Eisenkonstruktionen neu errichtet, wovon eine bis heute erhalten blieb, die andere in den 1960ern durch eine Betonbrücke ersetzt wurde. Die beiden Brücken der Rhätischen Bahn (1896 und 1903) sowie die Rheinquerung der A13 setzen die Tradition Reichenaus als Brückenort und Verkehrsknoten fort.
1850 hatte Reichenau 89 Einwohner und besass seit 1830 eine Postablage und seit 1850 ein Postbureau.
1965 (Sammlung ETH-Bibliothek, Werner Friedli)
Reichenau um 1822
um 1900
KG
1830 bis 1850
Brief von Anna-Margaretha du Planta-Reichenau an ihre Tochter Betty, die im Institut Grand Ducal in Mannheim studierte (1841).
Betty von Planta-Reichenau
1820 kaufte Hauptmann Johann Ulrich von Planta Reichenau. Er diente im berühmten Bündner Regiment in Amsterdam in holländischen Diensten, lernte dort seine Frau, Anna-Margaretha Planta von Samedan, in Holland kennen. Planta war Jurist und Militarist und Mitverantwortlicher für den Aufbau der Schweizer Miliz und zuständig für die Süd-West Verteidigungslinie der Eidgenossenschaft. 1820 und in den folgenden Jahren baute von Planta Reichenau grundlegend um. Dies war auch bitter nötig, denn die Zerstörung und Brandschatzung der Franzosen und die darauf folgenden 20 Jahre ohne Unterhalt hinterliessen schwerwiegende Spuren. Anstelle des alten Hauses, von dem von Planta nur den Keller und einen Teil der Räume im EG übernahm, wurde ein herrliches und grosszügiges klassizistisches Schloss erbaut. Der Park bekam wohl zu dieser Zeit seine heutige Grundform, die im 19. Jh. nur noch wenig verändert wurde. So wurde das Schloss zum Stammsitz der von Planta-Reichenau. Sie hatten zusammen vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Buben, die alle Berühmtheit erlangten. Barbara Ursina (Betty) von Planta-Reichenau wurde am 28. November 1824 in Reichenau geboren. Sie heiratete ihren Cousin Rudolf Andreas von Planta am 7. August 1845. Die Familie liess sich im Engadin nieder. Rudolf Andreas machte militärische und politische Karriere und engagierte sich vor allem für die die wirtschaftliche Förderung des Engadins. |
Auszug aus dem Brief der Mutter an ihre Tochter. Sie korrespondierten französich miteinander.
Beispiel für die Sparsamkeit selbst von Schlossbesitzern: Wenn man übers Kreuz schreibt, hat doppelt soviel auf einem Blatt Papier Platz!
15.08.1850 bis 1872
wie oben
Auf dem Weg von Reichenau nach Flims
1872 bis 1907
wie oben
12.10.1897
01.04. bis 04.05.1905
1907 bis 01.01.1936
Das Postbureau im Dorf wurde auf 1. Januar 1936 geschlossen und in das kleine Gebäude der Reisepost beim Bahnhof verlegt. Dadurch standen dort zwei Stempel zur Verfügung.